Wettbewerbstag zwei des Herborner Schlumpeweck - und es ist klar: Das Niveau des 2017-er Jahrgangs ist außerordentlich hoch. Das stellten Comedian Roman Weltzien und die Berliner Band Tonträger unter Beweis.
"Kleinkunst" im wahrsten Sinne macht Roman Weltzien, Grenzgänger zwischen Comedy und Kabarett. "Brainwashed" hat er sein Erstlings-Programm getauft, mit dem der gelernte Schauspieler seit erst einem Jahr hauptberuflich unterwegs ist. Angereichert mit tagesaktueller Verarbeitung der Ergebnisse der Bundestagswahl zog der kleine Mann große Erkenntnisse nach sich und spielte sich vor allem mit seinen teilweise wahnwitzigen Geschichten in die Herzen des Publikums. Etwa wenn er sich die seltsame Namensgebung der Kinder vornimmt und sie konsequent ins Abstruse weiterentwickelt. Beispielsweise wenn sich Kevin-Maddox und Mirabelle Suzette im Jahr 2044 einem deutschen Papst gegenüber sehen, der als Jaden-Kevin Nägele zum Papst Kevin I. wird.
Oder wenn sich Weltzien der Gehirnwäsche in deutschen Kinderliedern widmet und dabei über einen islamistischen Terror-Kuckuck sinniert, der zunächst vom pflichtbewussten deutschen Jäger exekutiert wird, um dann doch als "Untoter" in Strophe drei des bekannten Liedes wieder aufzuerstehen. "Das ist Gehirnwäsche", beschwert sich der Komiker, der auch zur Tagespolitik eine Meinung hat. Wenn der "orange" Donald Trump, „als einziger noch die Hautcreme von Uschi Glas benutzt“ oder Menschen Lehrvideos zum Schuhe schnüren brauchen, dann weiß Roman Weltzien, wie schlimm es um die Menschheit bestellt ist.
"Leiser Lärm und Schabernack", das hat sich die Berliner Band „Tonträger“ auf ihre Fahnen geschrieben. Das Quartett aus der Hauptstadt vereint musikalische Spielfreude und hohen Wortwitz und zeigte, dass es nicht umsonst im Vorfeld als einer der Topfavoriten für einen Schlumpeweck galt. Auf ihrem Ritt durch die Musikgeschichte streiften sie nahezu alle Genres, vom Schlager wie im melodramatischen Koffersong "Gute Reise" bis hin zur Britpop-Variante im "Indierockschmalzschnulzenpop" wurde alles verwurstet, was Johannes Wolff (Piano, Gesang, Gitarre), Lennart Schilgen (Gitarre, Piano. Gesang), Jonathan Richter (Bass. Gesang) und Daniel Bombei (Drums, Gesang) vor die Finger kam.
Schlagfertig, subtil, skurril - all das sind "Tonträger", und es braucht nicht ihr finales „Entschlossenheitslied“, um ihnen zu wünschen und auch sicher zu sein, dass sie ihren Weg in der deutschen Kleinkunstszene gehen.
(Fotos: Gert Fabritius)
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